Lotusseide - Buddhas heiliger Faden
Diese kostbare Seide wird weltweit nur am Inle-See in Myanmar hergestellt. Das dort siedelnde Volk der Intha verarbeitet die Fasern der indischen Lotusblüte zu seltener Lotusseide.
Die Lotusblüten werden immer am Ende der Regenzeit geerntet, da zu dieser Zeit die Stängel am längsten sind. Aus den Blättern und Stängeln werden dann hauchdünne Lotusfasern gewonnen. Die Fasern werden verzwirnt und noch im feuchten Zustand gesponnen. Beim Weben müssen die Fäden immer wieder mit Wasser benetzt werden, da sie sonst brechen würden. Pro Tag kann eine Weberin zwischen 80 und 100 Gramm Garn herstellen. Für einen Meter Stoff, gefertigt aus 10.000 Lotusstängeln, benötigt sie eine ganze Woche.
Der Lotus ist die Blume des Buddha. Deshalb darf Lotusseide in Ostasien nur von Buddha-Statuen und buddhistischen Mönchen getragen werden. Diese Seide ist also fast schon heilig! Seit kurzem dürfen aber auch Besucher aus der westlichen Welt diesen edlen Stoff käuflich erwerben. 100$ für ein Halstuch oder 7000$ für ein Jackett, das im Winter wärmt und im Sommer kühlt. Ein besonders exklusives Souvenir vom asiatischen Kontinent.
Muschelseide – Der Stoff der Könige
Einer der kostbarsten Stoffe der Menschheitsgeschichte ist die Muschelseide. Seit der Antike werden golden glänzende Fäden aus den Wollfasern der Edlen Steckmuschel (Pinna nobilis) gewonnen. Die Muscheln sind im ganzen Mittelmeer zu finden, wo sie in küstennahen Seegraswiesen leben.
Die Muscheln halten sich mit besonders reißfesten Fasern, den so genannten Byssusfäden, an Seegräsern und Steinen fest. Der Byssus ist trotz seiner Stärke und Stabilität noch feiner als Seide. Eine einzige Muschel lieferte nur etwa 1 bis 2 Gramm Rohbyssus. Für 1 kg reine Muschelseide benötigte man ganze 4000 Tiere.
Kein Wunder, dass diese Seidenart jahrhundertelang nur mit Gold aufzuwiegen war. Tragen konnten diesen luxuriösen Stoff nur Könige und kirchliche Würdenträger, wie Äbte oder Päpste. Weltweit sind nur einige wenige Stoffstücke aus Muschelseide erhalten geblieben.
Das älteste noch erhaltene Objekt aus Muschelseide ist eine gestrickte Mütze aus dem 14. Jahrhundert, die 1978 in Saint Denis bei Paris gefunden wurde. Das Größte noch erhaltene Objekt ist ein 400 Gramm schwerer Schal. Zu den bekanntesten Textilien aus Muschelseide gehört der Schleier von Manoppello, auf dem angeblich das Gesicht Jesu Christi zu sehen ist.
Durch ungezügelten Raubbau sank die Zahl der Steckmuscheln so stark, dass sie Mitte des 20. Jahrhunderts vom Aussterben bedroht waren. Heute steht die "Pinna nobilis" zum Glück unter Naturschutz. Jetzt liefert sie Meeresbiologen wichtige Informationen über Temperaturschwankungen des Meerwassers. Anhand der Muschelschalen lassen sich die Meerestemperaturen über weite Zeiträume zurückverfolgen. Für diese Analysen muss auch keine Muschel getötet werden.